Authentizität als Schlüssel zu erfolgreichem Employer Branding.
Tanja Fiedler, Lisa Geisler und Maritta Seitz
5. April 2024
Wer sich bewirbt, zeigt sich von der besten Seite. Arbeitssuchende polieren Lebensläufe und Unternehmen machen große Versprechen, um möglichst viele Kandidat:innen anzuziehen. Beliebige Bewerbungen treffen auf austauschbare Ausschreibungen. Dabei ist Authentizität der Schlüssel zu erfolgreichem Employer Branding – unsere Kolleginnen Lisa Geisler und Tanja Fiedler erklären warum.
Maritta: Warum ist Authentizität im Employer Branding so wichtig?
Tanja: In der aktuellen Situation konkurrieren viele, viele Marken um Mitarbeitende. Gleichzeitig sind diese Marken fast nicht voneinander zu unterscheiden, wenn man sich ihre Karriereseiten und Stellenausschreibungen anschaut. Es klingt immer alles fluffig, lustig, perfekt, wunderbar.
Das macht es den Bewerbenden einerseits schwer zu verstehen, auf was sie sich wirklich einlassen. Und gleichzeitig erschwert es Marken, die Bewerbenden zu bekommen, die sie wirklich brauchen. Zum Glück gibt es immer mehr Marken, die aus diesem Einheitsbrei ausbrechen und die Chance nutzen, sich so darzustellen, wie sie wirklich sind.
Maritta: Kannst du ein Beispiel für authentische Kommunikation im Employer Branding nennen?
Tanja: Ein gutes Beispiel ist für mich Netflix, die einen unfassbar krassen Anspruch haben, was Leistung und Qualität von Bewerber:innen angeht. Die aber auch ganz klar kommunizieren, dass nicht jede:r eine Top-Karriere im Unternehmen hinlegen kann. Das teilen sie so klar mit, dass die Bewerbenden genau wissen, auf was sie sich bei Netflix einlassen. Dadurch werden viel schneller Matches erzeugt und man kann im Bewerbungsprozess sehr viel Zeit sparen.
Maritta: Was sind im Gegensatz dazu generischen Versprechen, die Unternehmen machen?
Tanja: Diversity ist natürlich momentan ein riesiges Thema. Diversity im Sinne von unterschiedlichen Kulturen, Altersgruppen, LGBTQ+. Dabei wird es oft nur als Keyword benutzt, ohne im Unternehmen wirklich gelebt zu werden. Stattdessen werden Versprechungen ausgesprochen, die überhaupt nichts mit der Realität zu tun haben.
Lisa: Ein anderes Negativbeispiel ist die Mercedes-Kampagne „Becoming One of Us“, die mit ganz vielen generischen Begriffen um die Ecke kommt. Das ist eine Hochglanz-Kampagne, in der man lauter junge, hübsche Model-Menschen sieht. Alle sind glücklich, hip und urban. Man sieht keine Arbeitsumgebung, stattdessen geht es um ein Gruppengefühl, sich selbst zu entdecken und weiterzuentwickeln. Man ist „together for excellence“ und dabei komplett an der Lebensrealität der meisten Menschen vorbei.
Maritta: Gibt es auch Marken, die es besser machen?
Lisa: Im Gegensatz zur Mercedes-Kampagne ist Kärcher ein starkes Beispiel. Die haben ihren neuen Auftritt um das Wow-Gefühl bei Kärcher herum gebaut. Klar ist das Design fancy und es gibt einen schönen Claim, aber in kurzen Video-Sequenzen bekommt man Menschen zu spüren, die einem ganz normal vorkommen. Die sympathisch zeigen: Wir machen hier richtig gute Dinge, wir sind professionell unterwegs und dabei fest auf dem Boden in der Halle geblieben.
Testimonials sind für Unternehmen eine starke Möglichkeit, um so authentisch und natürlich wie möglich nach außen aufzutreten – indem sie die Leute sprechen lassen, die dieses Unternehmen gestalten, die die Marke sind.
Testimonial-Videos sind deshalb auch ein Teil unserer Employer-Branding-Kampagne für Grant Thornton.
Maritta: Welche Hebel haben Unternehmen noch, um ihr Employer Branding authentischer zu gestalten?
Lisa: Zum authentischen Employer Branding gehören auch die ganz grundlegenden Themen, wie zum Beispiel Gehalt, Arbeitszeiten, ob es wirklich Homeoffice gibt. Also die Informationen, nach denen Bewerber:innen suchen, noch bevor sie sich Videos von Mitarbeitenden anschauen.
Auch da müssen Unternehmen mutig sein, transparent und glaubhaft.
Eine spannende Studie von Trendence zeigt: Je mehr Klarheit bei diesen Themen, desto mehr abgeschlossene Bewerbungen. Etwa 30 Prozent der Bewerber:innen schicken ihre Bewerbung nicht ab, weil Gehaltsangaben fehlen. Rund 34 Prozent, weil sie die Ausschreibungen zu schwammig finden und mehr als 49 Prozent, weil das Anforderungsprofil nicht klar formuliert ist. Es hapert an den grundlegenden Informationen.
Maritta: Warum fällt es Unternehmen so schwer, klar und transparent zu sein?
Tanja: Dahinter steckt das Wunschdenken, man könne schwierige Themen wie Gehalt einfach unter den Tisch kehren. Falsche Versprechungen oder bewusstes Verschweigen ziehen aber Leute an, die schon von vornherein nicht auf die Stellen passen. Oder die sich gar nicht erst beworben hätten, wenn sie alle Informationen bekommen hätten. Es ist pures Wunschdenken und eine komplette Zeitverschwendung – für die Kandidat:innen und die HR-Abteilungen.
Maritta: Authentisches Employer Branding zieht im besten Fall die richtigen, qualifizierten Bewerber:innen an – welche Vorteile hat es noch?
Tanja: Gutes Employer Branding ist nicht nur eine Information nach außen, damit man Menschen begeistert, die fürs Unternehmen arbeiten sollen – es ist auch Wertschätzung nach innen. Es zielt auch darauf ab, Menschen, die schon für das Unternehmen arbeiten, langfristig zu binden. Du musst es vom Kern heraus aufbauen, um es nach draußen spielen zu können.
Und man darf nicht vergessen: Employer Branding findet immer öfter in Form von Außenwerbung statt. Also am Bahnhof, am Flughafen genauso wie in Zeitungen, online, digital. Und da nehmen es auch Kund:innen und Geschäftspartner:innen wahr.
Beim Employer Branding geht es also nicht nur um HR, sondern es geht auch um Image. Dementsprechend schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn du es gut machst.
Maritta: Wie kann der Umgang mit den Mitarbeitenden die Außenwahrnehmung einer Marke noch positiv beeinflussen?
Lisa: Spannend wird es, wenn ein Unternehmen in die Krise geht. Wie ehrlich und authentisch es dann spricht, kann eine starke Außenwirkung haben. Ein positives Beispiel dafür ist die Kündigungswelle bei der Neuen Narrative. Wo das Unternehmen auch zu diesem Thema über Monate hinweg genauso wertschätzend, transparent und authentisch kommuniziert hat wie sonst.
Die Neue Narrative hat sich nicht hinter Floskeln versteckt wie „Wir reduzieren wiederkehrende Kosten.“, sondern haben Klartext geredet: Wir müssen uns von Kolleginnen trennen, von Menschen, mit denen wir gerne arbeiten und die tolle Arbeit geleistet haben. Dass die jetzt gehen müssen, tut uns weh, deshalb setzen wir uns dafür ein, dass sie woanders unterkommen.
Obwohl es um Kündigungen ging, hatte man das Gefühl, dass die Neue Narrative ein toller Arbeitgeber sein muss. Indem sich die Marke auch in Krisenzeiten deckungsgleich mit dem gezeigt hat, wie sie sich auch sonst positionieren.
Maritta: Im Kern von authentischem und wirksamen Employer Branding steckt eine gute Unternehmenskultur. Was können Unternehmen tun, wenn die Kultur noch nicht perfekt ist?
Tanja: Mit einer Firmenkultur, die so tut, als wäre alles perfekt und alles andere unter den Teppich kehrt, mit der kann man nicht arbeiten. Als Beraterinnen im Employer-Branding-Bereich ist uns eine Firmenkultur lieber, die vielleicht noch nicht perfekt ist, die aber ihre Lücken und Herausforderungen kennt – denn genau darin steckt ihr Wachstumspotenzial.
Mit empathischem Blick befähigen wir Marken, Lücken und Herausforderungen im Employer Branding in Erfolge zu transformieren. Ein Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton.