Podium

Tone of Voice

Warum Marken eine klare Sprache brauchen und wie der Tone of Voice dabei helfen kann.

Julia Freymark
19. April 2021

Wie können Marken gehört werden, ohne zu schreien? Visuelle Identität allein reicht nicht aus. Die Brand Language muss fest in den Entwicklungsprozess integriert werden. Sie umfasst alle verbalen Elemente einer Marke – vom Produktname bis zum Pressetext. Teil der Markensprache ist der Tone of Voice. Wir bei Stan Hema nutzen ihn als strategisches Tool, um Sprache zu definieren.

Brand Language – warum eigentlich?

Sprache definiert, wie Menschen eine Marke wahrnehmen. Chris West ist Gründer der britischen Unternehmensberatung Verbal Identity und weiß, wie wichtig es für Marken ist, menschlich und authentisch zu sein: „We’re living in a world where clients, consumers and public stakeholders, actually want to be in a conversation, two-way dialogue with the brand and the companies that they like.“ Für ihn ist Sprache mechanische Magie: Sie folgt grammatikalischen Regeln und doch verzaubert sie. Das muss auch die Brand Language schaffen. Sie gibt eine Haltung vor, vertritt die Werte eines Unternehmens und konzentriert sich immer auf das Wesentliche. Einfache, gesprochene Sprache und kurze prägnante Sätze sorgen dafür, dass Informationen ankommen und Inhalte gelesen werden. Netflix beispielsweise hat 200 Millionen Kunden über eine Landing Page mit nur 26 Wörtern gewonnen.

Wie klingt eine Marke?

Unverwechselbare Sprache schafft unverwechselbare Identität. Um das zu erreichen, nutzen wir den Tone of Voice als strategisches Instrument. Wir bauen so eine Verbindung zum Menschen auf und orientieren uns dabei immer an der Haltung und Persönlichkeit einer Marke. Je ausgeprägter diese Persönlichkeit ist, desto erkennbarer ist die Markensprache. Bei dem Prozess denken wir interdisziplinär und ganzheitlich. Es reicht uns nicht aus, Kundenmagazine zu überarbeiten, ohne an die Webseite zu denken. Unsere Sprache muss intern und extern homogen sein und soll auf allen Kanälen die gleiche Tonalität haben. Sei es im Print, auf Social Media, bei E-Mails, Newslettern oder im Kundendialog. Sprache und Design gehen Hand in Hand. Eine starke visuelle Bildsprache darf Headlines nicht den Raum zum Wirken nehmen. Beides muss in Dialog stehen und sich gegenseitig stärken.

„Wenn du es nicht einfach erklären kannst, verstehst du es nicht gut genug.“ (Albert Einstein)

Nur wer sich selbst und sein Unternehmen kennt, weiß wie er klingt. Wie entwickelt man also einen unverwechselbaren Tonfall, der konsequent und dennoch flexibel ist? Oft ist Markensprache zu komplex und Experten verlieren sich in Schachtelsätzen und Fachjargon. Hat die Marke eine spannende Geschichte? Wenn ja, dann erzähle sie – vom Menschen für den Menschen. Erst emotionale Bilder in Kopf und Herz hauchen einer Marke Leben ein.

Wäre die Marke ein Mensch, welche Persönlichkeit hätte sie?

Diese Frage haben wir uns im Fall des WDR Innovation Hubs gestellt, um seine Werte in eine einzigartige Sprache zu verwandeln. Wie erreichen wir das? Bei Stan Hema arbeiten wir selbstorganisiert in interdisziplinären Teams. Strateg:innen stehen im engen Austausch mit Designer:innen und uns, den Kommunikationsberater:innen. Als wir uns beim WDR Innovation Hub an die Wortfindung machten, hatten die Strateg:innen ihre Arbeit bereits gemacht. Die Definition der Markenidentität lag bereits vor, und wir kannten die Markenstrategie einschließlich Zweck, Zielgruppe, Versprechen und Philosophie. Gemeinsam arbeiteten wir den Kern der Geschichte und deren Grundwerte heraus. Diese Werte transformieren wir in Sprache und abstrakte Ideen, verwandeln sie in persönliche und lebendige Worte. Attribute wie freundlich, wertschätzend, authentisch, souverän fliegen im Ping-Pong-Prinzip durch den Raum. Nach Brainstorming und Transformation von Wert zu Wort, folgt die Textanalyse. Wir verbessern aktuelle Textbeispiele und entwickeln daraus unser Sprachgerüst. Wie sprechen wir, wie nicht? Sind wir aktiv und verständlich? Wie viel Fachbegriffe sind notwendig? Wie können wir die Zielgruppe abholen? Alles in Worte gepackt, entsteht der richtungsweisende Tone of Voice. Er soll inspirieren und sich dynamisch weiterentwickeln.

Dynamische Sprache – dynamischer Tone of Voice

„Sprache ist etwas Lebendiges, das wir zurechtfeilen und unseren Bedürfnissen anpassen können.“ Lera Boroditsky, amerikanische Professorin auf dem Gebiet der Sprache und Kognition, hat diesen Gedanken bei einem TED Women Talk formuliert. Sie sieht Sprache als ein Kommunikationsmittel, das sich ständig weiterentwickelt: „Das Schöne an linguistischer Vielfalt ist, dass sie uns vor Augen führt, wie erfinderisch und anpassungsfähig der menschliche Verstand ist. Er hat nicht nur eine Sinneswelt erschaffen, es gibt 7.000 Sprachen auf der Welt. Genau so dynamisch wie unsere Sprachvielfalt soll auch unser Tone of Voice flexibel sein. Er inspiriert und ermutigt Autor:innen, ihrer eigenen Klangfarbe treu zu bleiben. Vor allem aber gibt er eine Richtung vor mit dem klaren Ziel: weniger leere Worthülsen, mehr Verständlichkeit. Wir glauben, Sprache ist wirkungsvoller als so manches Logo und sollte bei keinem Markenprozess fehlen.

Ansprechpartner:in

Tanja Fiedler
Kommunikationsberatung, Redaktion, Text
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