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Markenkern

Purpose, Haltung, gesellschaftliche Relevanz und überforderte Marken: Eine Einordnung.

Philipp Wiederhöft
11. November 2020

Nachhaltiger, politischer, relevanter, verständnisvoller. Freund, Aktivist und Weltverbesserer. Marken sollen gerade vieles sein, können und leisten. Das kann nicht nur überfordern und lähmen. Vielmehr besteht die Gefahr, die eigene Marke bei dem Versuch, all diesen Ansprüchen gerecht zu werden, zu verwässern. Also was tun, wenn schon wieder jemand nach dem Purpose fragt? Wir sagen: Es hilft, gelassen zu bleiben.

Die Frage nach Sinn, Zweck und einem über Umsätze hinausgehenden Beitrag einer Marke hat nicht nur ihre Daseinsberechtigung, sondern ist – mit Blick auf die Nachrichten unserer Tage – wohl notwendiger denn je. Das Warum ist Kern und Ausgangspunkt der Markenstrategie. Doch muss nicht ein jeder Purpose dabei gesamtgesellschaftliche Relevanz ausdrücken. Wie weit gesellschaftlicher Einfluss über das eigene Unternehmen hinaus tatsächlich möglich ist, hängt sehr stark von Branche und Tätigkeitsbereich, Unternehmensgröße und jeweiligen eigenen Mitteln ab.

Auch sollte Purpose nicht als ein neuerdings unerlässliches Marketingtool verstanden werden, das als identitätsprägende Eigenschaft auch nach außen getragen werden muss. Sprechen wir nämlich über die Wahrnehmung einer Marke bei ihrer Zielgruppe, sollte es auch weiterhin solche Marken geben, bei denen Produktnutzen und Persönlichkeit im Vordergrund stehen.

Womit die Zielgruppe eine Marke am Ende verbindet, kann auf ganz unterschiedlichen Aspekten beruhen. Und das ist gut so!

Dass sowohl Haltung, Produkt, Funktion als auch ein Lebensgefühl im Auftreten prägend im Vordergrund stehen können, ermöglicht Differenzierung und ein Besinnen auf die eigenen Stärken.

So assoziieren wir die Outdoor-Marke Patagonia mit politischem Aktivismus und umweltbewusstem Handeln, den Mobilitätsdienstleister Uber mit seinem Nutzenversprechen der unkomplizierten Fortbewegung, das Modelabel A.P.C. hingegen mit einer Persönlichkeit, die unaufdringlichen Luxus ausdrückt.

Bei Stan Hema betrachten und führen wir Marken daher nicht aus einer, sondern drei Perspektiven: Purpose, Promise und Personality.

Gemeinsam mit unseren Auftraggeber:innen finden wir dabei auch heraus, welche Eigenschaft das Potenzial hat, die Marke nach außen besonders stark zu prägen – und ob dies die gewünschte und hinsichtlich Zielgruppe und Wettbewerb sinnvolle Assoziation ist.

Dass weitere Eigenschaften und Dimensionen dann ihren Sinn und Zweck verlieren oder zu Statisten werden bedeutet das jedoch nicht. Im Gegenteil: Je ganzheitlicher Marken geführt sind und je konsequenter Purpose, Promise und Personality durch Produkt, Kommunikation und Organisation zum „Leben erweckt“ werden, umso klarer wird die Marke in ihrer Wahrnehmbarkeit. Mag der Purpose in manchem Fall für Endkundinnen geringere Relevanz besitzen, so sollten sich Unternehmen doch stets über ihre Verantwortung und den eigenen Antrieb bewusst sein. Denn nicht zuletzt kann dieses Bewusstsein nach innen Mitarbeiterinnen und Teams motivieren, inspirieren und hinter sich vereinen.

Nicht weniger notwendig ist es jedoch, Klarheit über Persönlichkeit und Nutzenversprechen der eigenen Marke zu schaffen. Dafür nehmen wir mit dem Auftraggeber einen Perspektivwechsel vor: Von „was wir anbieten“ zu „was du davon hast“; von Produktattributen zu rationalem, emotionalem und manchmal auch transformativem Nutzen. Mit der Markenpersönlichkeit hingegen schärfen wir das Wie; den Charakter und die Tonalität, mit der eine Marke von ihrer Zielgruppe wahrgenommen werden möchte.

So ist die Antwort auf die Frage, ob nun jede Marke gesamtgesellschaftliche Relevanz ausstrahlen muss, zwar nein – sehr wohl aber müssen sich Marken stärker denn je mit der Frage auseinandersetzen, welche Verbesserung sie im Leben ihrer einzelnen Nutzer:innen schaffen. Und dabei akzeptieren, dass sie es nie zuvor mit so gut informierten und so anspruchsvollen Verbraucher:innen zu tun hatten, die von Marken zwar nicht verlangen, die Welt zu retten, aber – insbesondere in jüngeren Generationen – sehr wohl erwarten, dass zu gesellschaftsrelevanten Themen klare Haltung bezogen wird.

Ansprechpartner:in

Andreas Weber
Markenberatung, Geschäftsführung
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